ELLADA 1

Skaloma, Korinthiakos Kolpos, Griechenland

 

 

 

Die fünfundfünfzigste Woche unserer Reise: Montag, 18. bis Montag, 25. November 2019

 

 

 

Unsere Tage beginnen wir mit Morgengymnastik und anschließendem Schwimmen im Ionischen Meer. Je nach Wetterlage frühstücken wir auf der Terrasse vor dem Strand oder am Fenster in unserer Wohnung in Begleitung von Büchern und Bildern. Hier haben wir Ruhe und Zeit, an unseren Buchprojekten zu schreiben und die anstrengenden Wochen in Albanien zu verdauen. Bis heute Abend habe ich an einem Gemälde gearbeitet, das die emsigen albanischen Menschen inmitten ihrer schwierigen Lebenssituation zeigt: über teils geerbten, teils täglich neu aufgeschichteten Müllbergen, sucht jeder nach einem eigenen Weg in eine positive Zukunft. Nachdem dieses Bild fertig ist, werde ich noch die begonnene Hommage an den verstorbenen Malerfreund Daniel Eltinger beenden. Dann habe ich den Kopf frei für das unglaublich interessante Griechenland, in dem wir uns bereits seit einer Woche befinden. Morgen werden wir das nahegelegene Delphi besichtigen!

 

Unsere praktische Wohnung grenzt mit dem dazugehörigen Garten direkt an den Kiesstrand und das Grundstück eines liebenswerten älteren griechischen Ehepaares. Auf der westlichen Gartenseite begegnen wir täglich dem Jäger Wasilios, der uns schon mit fangfrischen Fischen versorgt hat, jeden Abend sein Jagdrevier durchschwimmt, und der selbst ein Künstler ist. Die kleine Bucht von Skaloma ist tatsächlich überschaubar – es stehen hier eine Kapelle und vielleicht 10 Häuser, mit deren Bewohnern wir uns mittlerweile bekannt gemacht haben. Viele Leute schimpfen hier auf ihre korrupten Politiker und eine schlecht funktionierende Verwaltung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens; sie wünschen sich geordnete und zuverlässige Verhältnisse, wie sie in Deutschland vorherrschen. Doch sie sind hier in Griechenland geblieben oder hierher zurückgekehrt, weil sie ihre Landschaft, ihr Klima und ihre Kultur lieben.

 

Vor dem Haus breitet sich über dem schmalen Kieselstrand ein durchsichtiges Meer aus. Wir können präzise ausmachen, in welcher Entfernung die Besiedelung des Grundes mit den schwarzen Seeigeln beginnt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Golfes von Korinth blinken nachts die Lichter der Dörfer auf der Peleponnes. Hinter unserem Garten dann erhebt sich Stufe um Stufe ein Gebirgsstock, besiedelt von immergrünen Büschen und Bäumen – bis hinauf zum Parnass, auf dem die Musen wohnen.

 

Die Wäsche trocknet schnell unter den warmen Winden. Allerorts werden Oliven geerntet und wir haben frisches Öl erstanden. Griechenland bietet uns all das, was wir ersehnt haben. Neben dem angenehmen Klima, der betörenden Landschaft und den geselligen und hilfsbereiten Menschen trifft das insbesondere auf Essen und Trinken zu. Bisher haben wir einmal in einem Restaurant gespeist (Oktopus, Gemüse, …), aber täglich in unserer eigenen Küche gekocht. Dafür wurden wir optimal mit den besten Lebensmitteln versorgt – von den Nachbarn, dem Fischer und fahrenden Händlern, die hupend die Straße entlangfahren und halten, wenn man vors Auto springt. Um das sonst noch Notwendige einzukaufen, fahren wir in die nahegelegene Stadt Nafpaktos oder in die nächsten Dörfer. An den Straßenrändern stoßen wir immer wieder auf Eklissaki, Bildstöcke in der Form kleiner Kapellen, die an zumeist traurige Ereignisse erinnern. Am Freitag saß ich im Dorf Efpalio im Zimmer eines jungen Friseurs, dessen Interieur sich auf einige Ikonen und andere Heiligenbilder beschränkte.

 

Schwieriger als für uns gestaltet sich die Situation für Coco. Im Unterschied zu Süditalien, wo wir im vergangenen Jahr eher gute Erfahrungen mit streunenden Hunden gemacht hatten, wird sie hier bedrängt und sogar angegriffen. Mittlerweile halten wir es wie viele der Einheimischen und gehen nur noch mit einem Stock bewaffnet aus dem Haus.

 

Heute Abend überwölbt ein Gewitter die Bucht - aus Richtung der Peloponnes kommend. Ich genieße die Musik des großen Mikis Theodorakis und gehe noch einmal vor die Tür, um Wasilios ein Glas Wein zu bringen.

 

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