Rígklia, Messinías, Dytiki Máni, Elláda
Die achtzehnte Woche unserer Reise: Donnerstag, 09. bis Mittwoch, 16. Februar 2022
Ich denke, ich habe mir wieder einmal zu viel vorgenommen. Der ständig vorhandene Wunsch, etwas zu schaffen, gepaart mit Selbstüberschätzung, zählt zu meinen eigensten Wesensmerkmalen. Jetzt, gegen 11 Uhr am Abend, spüre ich Mattheit in allen Gliedern und habe weder an meinem Buch weiter geschrieben noch an der Bilderserie für die Sommerausstellung gemalt. Ich investiere gerne Mühe in Tätigkeiten, die mich anschließend mit Erfolg belohnen und nehme dabei keine Rücksicht auf Orte und Zeiten. Deshalb unterscheidet sich mein Leben hier auf der Máni nur äußerlich von früheren Realitäten.
Auf die Umgebung aber lege ich besonderen Wert. Jeden Morgen gehe ich nach Sonnenaufgang um das Haus herum, öffne die türkis gestrichenen Fensterläden, lese die während der Nacht von den Bäumen gefallenen Mandarinen auf und überlasse Coco für eine Weile den Duftspuren der Katzen, Füchse und Schakale. Vom meist sonnigen Balkon aus lasse ich den Blick über die wogende Wipfel der Olivenbäume hinunter zur Meeresufer streifen, dann über unsichtbare Bootspassagen und Brücken bis hin zum gegenüberliegenden Gebirge, das nah und klar auf einem dunkelblauen Wellenteppich steht. Brunch mit Uta und Coco am blauen Tischlein vor dem Meer. Situationen wie diese fördern das Wohlbefinden. Schon das Zubereiten von Kaffee, der Duft gerösteten Brotes, der Anblick von Fisch, Käse und Schinken versetzen die Sinne in Euphorie. Als sich der Himmel bedeckt, führe ich Coco hinaus in die Olivenhaine, wo sie Richtung und Geschwindigkeiten vorgeben darf, denn hier kann ich sie gefahrenlos ohne Leine laufen lassen. Hin und wieder macht sich Uta daran, die unerhörten Mengen an Zitronen zu verarbeiten, die sich mittlerweile in der Küche türmen, Kuchen, Gelée und Eingemachtes sind die Folgen, mit denen sie auch unsere in der Nähe wohnenden Freunde verwöhnt. Die Wärme der Tage lädt zum Arbeiten im Freien und bei geöffneten Fenstern ein. Uta schmückt wieder großformatige Leinwände mit Blüten, Textilien und Acrylfarben. Am liebsten ziehe ich mich aber in mein warmes Atelier zurück, wo ich, umgeben von meiner bescheidenen Treibholzsammlung und den Olivenbäumen vor den Fenstern, ungestört malen, zeichnen, schreiben oder schlafen kann.
Gute Arbeitstage, wenn es keine Traurigkeit gäbe. Wir sorgen uns um Cocos Gesundheitszustand. Nach Rücksprache mit Ärzten haben wir uns entschieden, ihr eine chemische Therapie zu geben. Die Alternative, eine chirurgische Entfernung der metastasierten Lymphknoten und des Tumors im Kiefer, erscheint uns belastender als ein Medikationsversuch. Ob die Behandlung Cocos derzeit gutes Wohlbefinden noch einige Zeit aufrechterhalten wird, lässt sich nicht vorhersagen. Wir sind voller Hoffnung.
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