Agriakóna 8

Agriakóna in Káto-Rígklia, Messinías, Dytikí Máni, Elláda

 

Die achte Woche: Freitag, 25. November bis Freitag, 02. Dezember 2022

 

Nach einigen stürmischen und nassen Tagen zog heute wieder eine wärmende Sonne ihren Bogen über die Bucht von Ágios Nikólaos. Gerade kam ich vom Abendspaziergang mit Flocke zurück. Wie jeden Tag wanderten wir hinunter ans Meer, heute begleitet von Lucky Luke, dem stets frei laufenden Hund unseres südamerikanischen Nachbarn Jose. Vorübereilend an einigen Erntehelfern und der kleinen Rinderherde, die die Olivenhaine beweidet, erreichten wir nach gut 10 Minuten die sich im roten Abendlicht dahinstreckenden felsigen Strände. Heute Morgen präsentierten sie sich noch in doppelter Tiefe, denn das Wasser hatte sich weit zurückgezogen und eine Art Mondlandschaft freigelegt, bedeckt mit steinernen Fossilien. Bis zum Abend aber hat eine sanft daherschwimmende Flut diese Wunderwelt mit einem Wellentreiben überdeckt, dessen Farbenspiel ich seit einigen Wochen in meinen Gemälden festzuhalten versuche. Die Zeit bis zum gemeinsamen Kochen mit David, unserem Lieblings-Aquarellmaler, nutze ich nun zum Rückblick auf die vergangene Woche.

In den letzten Tagen kam ich viel zum Zeichnen und Malen – unter anderem haben Uta und ich mit gegenseitigen Portraitsitzungen begonnen. Auch zum Schreiben bin ich gekommen und konnte einen neuen Prosa-Text an das im oberbayerischen Sindelsdorf entstehende Kunstzentrum RAUMdurchKUNST abschicken.

Am vergangenen Freitag hatte ich lange mit einer Malerin aus Strasbourg telefoniert, die unserer Paneuropäischen Künstler*innengruppe „ARTISTS IN MASKS unmasked“ ihre Galerieräume zur Verfügung stellen möchte. Seit Wochen schon führe ich eine umfangreiche Korrespondenz mit Galerien und offiziellen Stellen, um einen Ausstellungsort in Strasbourg, dem politischen Herzen Europas aufzutun. Es geht um das Kunstprojekt „WE LEAVE A LIGHT ON“, mit dem wir 2023 am Beispiel von Schottland darauf aufmerksam machen möchten, dass nicht alle Menschen in Europa selbst darüber entscheiden dürfen, ob ihr Land zur EU gehören soll. Viel Zeit habe ich am letzten Wochenende dann in die Vorbereitung der Beantragung von Geldern für Kinder-Kunst-Programme investiert, v.a. statistische und andere Daten zusammengetragen, die in den unterschiedlichen Antragsformularen gefragt sind.

Am Sonntag kam eine niederländische Gruppe Kunstinteressierter in unser Atelierhäuschen – in besonderer Weise angetan von Utas großformatigen Blumenbildern. Nachdem sie Agriakóna wieder verlassen hatten, zimmerten wir im oberen Studio einen riesigen Lattenrahmen an die Wand, überspannten ihn mit Leinwand und Uta begann mit ihrem Farbenzauber. Am Montag dann besuchte uns wieder die Malerin Evi Moustakéa, brachte herrliches Kürbisgebäck mit und wechselte im Gespräch über Malerei und Kulinarik zwischen Englisch und Griechisch hin und her.

Trotz der nassen Witterung wagten wir am Mittwoch mit unseren Freunden Mei und Jort eine mehrstündige Wanderung entlang des Meeresufers und igelten uns anschließend vor dem Ofen in Utas Atelier ein – eine Erinnerung an Reisen über die Britischen Inseln.

Dabei sind uns die Unterschiede zwischen Nord und Süd, Ost und West sehr wohl bewusst. In England haben wir köstliche Marmelade gegessen, mit Früchten aus China oder Portugal. Hier in Agriakóna lese ich jeden Morgen die während der Nacht herabgefallenen Mandarinen und Orangen aus dem Ziegenklee und presse dann aus ihnen zwei Gläser frischen Saftes.

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