Agriakóna 9

 

Agriakóna in Káto-Rígklia, Messinías, Dytikí Máni, Elláda

 

Die neunte Woche: Freitag, 02. bis Freitag, 09. Dezember 2022

 

Heute haben wir die virtuelle Zusammenarbeit mit einer deutschen Hundeschule begonnen, denn bei allen Fortschritten, die Flocke in den zurückliegenden neun Wochen erreicht hat, sind wir nicht sicher, ob wir sie richtig erziehen. Noch immer kommt es vor, dass sie Menschen und Tiere scharf anbellt, selbst dann, wenn es sich um gute Bekannte handelt. Natürlich gehen wir davon aus, dass ihr Verhalten ein enger Beziehung zu unserem eigenen steht. Wir freuen uns darauf, dazuzulernen.

Die zurückliegende Woche verging schnell und hinterlässt eine dichte Fülle unterschiedlicher Eindrücke, die geordnet werden müssen.

Zunächst das Klima, das uns täglich überrascht: Unter wärmender Sonne, die selbst im Schatten Temperaturen von mehr als 20 Grad zu erzeugen vermag, blühen die Mandarinenbäume. Gold-gelb beginnt der Ziegenklee die Olivenhaine zu unterwachsen. An anderen Tagen fällt ergiebiger Regen und das Eindringen kühler Winde in unser Häuschen lässt sich nur durch kräftiges Einheizen aufhalten. Nach dem Sturm, der ein großes Boot auf den Strand gespült hat, folgte vollkommene Windstille, die wir auf einer Wanderung um das nahgelegene Dorf Eleochóri ausgiebig genossen. Ein Déjà-vu meiner frühen Erkundungen des provencalischen Hinterlandes: über Olivenwäldern schwebte der Duft der Feigenbäume, die nun ihre Blätter abwerfen. Aus der Stille der felsigen Schlucht, bewacht von dunklen Zypressen, schallte einzig der Ruf des Bussards.

Dann die Arbeit: endlich hat uns ein positiver Förderbescheid für eines unserer kulturellen Projekte erreicht – ein Ansporn, weiter am Ball zu bleiben, immer wieder nachzufragen und neue Exposés für mögliche Förderstellen zu verfassen. Nach zwei Sitzungen habe ich Utas Portrait fertig gemalt und dazwischen einige Vorarbeiten für einen Gemäldezyklus über die Geschichten des Odysseús erledigt. Auch zum Schreiben habe ich Zeit gefunden; nach intensiven Gesprächen mit Uta möchte ich etwas Grundlegendes anpacken, eine Aussage schaffen, die über das rein Biografische hinausgeht. In diesem Winter werde ich also kein neues Buch verfassen, sondern literarische Pfade anlegen.

Und die Freundschaften: das junge Künstlerpaar Holly und Nemo hat uns einen gehaltvollen Tag mit Pfannenkuchenfrühstück vor dem Meer geschenkt, angefüllt mit anregenden Gesprächen und viel Lachen. Evi Moustakéa kam wieder zum Malen in Utas Atelier und gemeinsam mit David gelangen uns zum Linsen-Curry vortreffliche in Papier gegrillte Tsipoúra (Goldbrassen). Zum Anlass meines Geburtstages, an dem ich viel Zeit an meinem Lieblingsort, dem Studio, verbrachte, wurde ich über Telefonanrufe und auf elektronischem Weg mit Glückwünschen überhäuft.

Im Bewusstsein, mich täglich selbst zu beschenken, liebe ich das Malen, Schreiben, Kochen und die Spaziergänge hinunter zum Meer. In den letzten Tagen habe ich davon so viel bekommen, dass wenig Zeit für Bücher blieb – nur in ein Werk über Stile und Formen der Antike und in die Semesterarbeit meines Sohnes über die Geschichte Subsahara-Afrikas konnte ich mich vertiefen. Vielleicht hat der erlebte Zeitmangel mit einem gewissen Müßiggang zu tun, denn entgegen sonstiger Gewohnheiten habe ich seit vergangenem Freitag drei Filme angeschaut: „Ladies and Gentlemen ... Mr. Leonard Cohen“ von 1965, den Konzertfilm „Rockshow“ über die Nordamerika-Tournee der „Wings“ 1976 und „Mary Shelley“, die etwas frei gestaltete Biografie von Haifaa Al Mansour über die englische Schriftstellerin aus dem Jahr 2017. Vor und nach dem Genuss dieses Sittenportraits des frühen 19. Jahrhunderts versank ich dank der schier unerschöpflichen Informationsflut, die das Internet bereit hält, in zahllosen Artikeln über Lord Byron, das Ehepaar Shelley und weitere Autor*innen der Englischen Romantik – eine Vorbereitung auf den experimentellen Schreib-Workshop, an dem Uta und ich morgen Abend teilnehmen werden.

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Kommentare: 1
  • #1

    Heidi (Montag, 12 Dezember 2022 06:55)

    Klar, dass eure Flocke fremde Personen anbellt. Als Herdenschutzhundemix ist das ihre Aufgabe und es benötigt viel Zeit ihr zu zeigen, dass eigentlich ihr die Rudelführer seid. Ganz wird sie es nicht verlieren. Das ist wie mit meiner Pini. Wir kommen zwar mittlerweile an Katzen vorbei, allerdings immer noch mit einem Nachjammern. Also, habt Geduld. Sie ist ja erst sehr kurze Zeit bei euch.
    Für eure geplanten Projekte wünsche ich euch viel Erfolg und ich freue mich schon auf eure neuen Werke. LG Heidi