Agriakóna 12

Káto-Rígklia und Megáli Mantíneia, Messinías, Dytikí Máni, Elláda

 

Die zwölfte Woche: Freitag, 22. bis Freitag, 30. Dezember 2022

 

Trotzdem wir die Wintersonnenwende hinter uns wissen, rollt sich der goldene Licht-Teppich jeden Morgen etwas später über den Garten hinweg, heute erst kurz vor neun Uhr. Dabei können wir das Spektakel bereits gute 30 Minten vorher kommen sehen, wenn die Olivenbäume zwischen Stoúpa und Ágios Nikólaos zu leuchten beginnen. Die nahen Berge im Osten der Bucht lassen die Sonnenkugel nicht früher passieren. Trotzdem werden die hellen Stunden länger, denn die Sonnenuntergänge hinter dem Ionischen Meer verspäten sich Tag um Tag.

Angefüllt mit Lesen in Peter Graves Mythen-Buch, Schreiben, Malen, Modell-Sitzen, Kochen, Arbeiten am Haus, Hundespaziergängen, dem Auspressen der letzten Orangen und einigen weiteren Wundern, überstrahlt rückblickend die Begegnung mit dem künstlerischen Werk von Peter Huby die zurückliegende Woche. Als Gäste unserer Freunde Lee und Tony in Megáli Mantíneia genossen wir von Samstag bis Montag freien Zutritt zu seinem Haus in Prinéas auf der Höhe einer der zypressenbesetzten Schluchten, die sich über Kalamáta nach Süden in die Máni hineinziehen. Lee, Gründungsmitglied unserer kleinen südgriechischen Künstlerkolonie, empfing uns mit der ausdrücklichen Erlaubnis der Besitzer, das Anwesen zu besichtigen.

Beim Durchwandern der Olivenhaine offenbaren sich erst kurz vor dem Ziel buntschillernde Pagoden, Türme, Bögen, erscheinen auf den letzten Schritten nach dem Öffnen und Schließen einiger provisorisch angehängter Drahtzäune die äußeren Hüllen eines Domizils, geschaffen über den Zeitraum von 17 Jahren und noch immer im Werden. Es ist das Schloss eines Titanen und einer Okeanide, denn Peter Huby lebt hier mit seiner Frau Linda, die lange in Kalamáta als Englisch-Lehrerin gearbeitet hat.

Das architektonisch-bildnerische Gesamtkunstwerk erinnert zunächst an das Palais Idéal, des Briefträgers Ferdinand Cheval in der französischen Drôme, verschmolzen mit Formen und Ideen von Antoni Gaudi und Friedensreich Hundertwasser, mit Pop-Art-Mosaiken, wie sie Niki de Saint-Phalle in dem von ihr entworfenen Giardino dei Tarocchi verwirklichen ließ. Die Meer und Bergen gegenüberstehenden Außenwände schmücken Gemälde, gelegte Steine und Plastiken, die zumeist Gestalten aus der griechischen Götterwelt zeigen, aber auch andere Mythen aufgreifen. Rituelle Tätowierungen auf allen Häuten dieses Oikos, einer gleichermaßen privaten wie wirtschaftlichen Sphäre, denn Peter Huby lebt für und von seiner Kunst – Gemälde, Druckgrafiken, Plastiken, Bücher und Filme. Bei aller Monumentalität im Äußeren und Kunstfertigkeit im Detail besitzen Gebäude und Gärten die Intimität eines Wohnateliers. Winkel, angefüllt mit Brennholz, Farbtuben, Geschirr, Musikinstrumenten und zahllosen Bücher. Die großen Flächen, miteinander durch Treppen verbunden, präsentieren auf Teppichen und Steinböden die wenigen Räume: Küche, Salon, Atelier und Schlafzimmer.

Leider trafen wir Linda und Peter Huby nicht an; sie waren in England unterwegs, um eine Ausstellung vorzubereiten. Deshalb sahen wir in Prinéas nur wenige bemalte Leinwände; Lee gab uns das Buch „Retrospective One“ mit, das zahlreiche Gemälde zeigt und als Brücke zum nächsten Besuch dient, an dem wir die beiden hoffentlich persönlich kennenlernen werden.

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