Káto-Rígklia, Dytikí Máni, Elláda
Die zweite Woche: Donnerstag, 26. September bis Mittwoch, 02. Oktober 2024
Flocke und ich leben nun seit einer Woche alleine in Agriakóna. Das geliebte Eremiten-Dasein wurde in dieser Zeit nur dreimal unterbrochen. Am Donnerstag kamen Mei und Jort auf einen Kaffee vorbei, um Utas Glasbild vorbeizubringen, das sie im vergangenen Winter in Meis Werkstatt angefertigt hat. Gestern habe ich bei Panagiópoulos in Stoúpa Brot und Wein gekauft - und heute kam ich in den Genuss einer Intensivstunde bei unserer Griechisch-Lehrerin Sofía.
Nachdem sich Uta auf den Weg nach Paris gemacht hatte, fanden Flocke und ich sofort in einen gemeinsamen Tagesrhythmus. Da wir beide mit der Sonne aufwachen, nutze ich den kühlen Morgen für Arbeiten im Garten, den ich bei dieser Gelegenheit auch mit Wasser versorge. Flocke verbellt währenddessen fleissig die Kinder, die sich auf dem Weg zum Schulbus begeben. Gegen Acht wandern wir durch die Olivenhaine hinunter ans Meer, wo ich eine Runde schwimme und Flocke gerne meine Kleidungsstücke bewachen würde, wenn nur ein Mensch in unsere Nähe käme. Zu ihrer Enttäuschung läßt sich aber selten jemand blicken - am zuverlässigsten noch den Mann vom Strandcafé, der in Sichtweite den Konsummüll der Badegäste aufräumt oder hin und wieder auch eine Frau, die auf dem fernen Felsen der Amfitríti meditiert. Sobald die Sonne über den Berg kommt, treten wir den Rückzug an und kommen gegen neun Uhr zurück in den Garten des Panteleímonas. Hier serviere ich Flocke ein Frühstück und setze mich mit einer Tasse Kaffee zum Planen des Arbeitstages auf den Balkon. Die nächste Stunde gehört dem Zeichnen, Fingerübungen für neue Bilder, die bald entstehen werden.
Spätestens ab 11 Uhr fange ich mit dem Schreiben an. Den Hauptteil nimmt eine Familiengeschichte ein, zu der viel Recherchearbeit gehört, denn wie ein Puzzle setzt sich diese Erzählung aus den einzelnen Perspektiven vieler Personen zusammen, die über den Zeitraum von 250 Jahren lebten. Für dieses Projekt gibt es bereits Vorarbeiten, auf die ich zurückgreifen kann. Bisher hatte ich aber noch nicht den Freiraum, mich derart in das Thema zu vertiefen, dass ein Schreibfluss entstehen konnte. Jetzt ist es soweit. Flocke bereichert die ohnehin animierende Atmosphäre aus Wärme und Sonnenschein mit ihren unnachahmlichen Qualitäten, die sie bereits mehrere Jahre als Atelier-Hund unter Beweis gestellt hat. Jeden Tag schreibe ich so lange, bis die Konzentration nachläßt. Dann wird die Kopfarbeit unterbrochen und ich wechsele zu einer rein körperlichen Tätigkeit. Ich habe die Wahl: die Vorhangleiste am Küchenblock auswechseln, den Rasentrimmer reparieren, die Duscharmaturen samt Zuleitungen vom Salz befreien, Spaghetti kochen und so fort. Auf diese Weise erfrischt, setzte ich mich anschließend wieder an den Computer. Einen weiteren Zwischenhalt gibt es, wenn die Sonne hinter dem ersten Finger der Peloponnes untergeht und den Abendhimmel mit allen Farben des Rotspektrums schmückt. Mit einem Glas Wein in der Hand und Hundekekse für Flocke in der anderen, lasse ich mir dieses Schauspiel nie entgehen. Natürlich bin ich irgendwann am späten Abend müde und beende mein Tagespensum. Dann wird es Zeit für ein Telefonat mit Uta, bei der es ja eine Stunde früher ist.
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