ANALOG 2

26. Oktober 2025

Káto-Rígklia, Dytikí Máni, Elláda

Die zweite Woche: Montag, 20. bis Sonntag, 26. Oktober 2025

 

Bis in die Wochenmitte grollen Gewitter um Gewitter über die Bucht, bringen Sturmwind, Regen und hohen Wellenschlag mit sich.

Danach ist alles blau; zunächst noch dunstig, wie weichgewaschen. Bald erscheint im Nord-Westen nach und nach das Bild des messenischen Landfingers vor der unbestimmten Zone, die wir für den Horizont halten. Vogelgezwitscher mischt sich mit Kinderstimmen, Rufen erst aus den Häusern, dann aus den Gärten. Später stürzen wir uns in die noch hochschäumenden Wellen. Am Strand, dem Touristen-Reservat, sucht man die einheimische Jugend freilich vergebens.

 

Wieder liegt eine bewegte Woche hinter uns. Nach langer Abstinenz trafen wir am Montag endlich unsere Lehrerin Sofia zum vergnüglichen Griechisch-Unterricht, am Abend halfen wir mit beim Abbauen der Ausstellung in Kardamíli. Am Montag führte ich Sokrátis, einen Ofenbauer, in unser Häuschen und besprach mit ihm die Details zum Austauschen des defekten Wärmespenders in Utas Atelier. Der Mittwoch stand ganz im Lichte ihres Geburtstags und für einen unvergesslichen  Tag blieb die Zeit stehen. Gerade rechtzeitig hatte ich in der Nacht zuvor ein kleines Portrait fertiggestellt, an dem ich heimlich seit einer Woche gemalt hatte. 

Nachdem am Donnerstag der Garten damit begann, sich vom Sumpfland in eine rote Sandwüste zurückzuverwandeln, nahm ich dort die ersten Arbeiten in Angriff. Ein dicker Ast des geliebten Feigenbaumes musste weichen, da er bereits schwer auf das Dach des benachbarten Kapellenhäuschens drückte. Am Freitag begann ich mit dem Anlegen eines neuen großen Gemäldes, zunächst mit Grundieren, dann mit dem Zeichnen nach altgewohnter Art. 

Das Auf- und Ab der Tage scheint sich allmählich zu glätten. Ihm entwächst wieder der Entwurf einer tägliche Routine, wie wir sie aus den vorausgegangenen Jahren kennen: Aufstehen mit der Sonne, Arbeiten am Schreibtisch der im Garten, Frühstück, dann Hundespaziergang am Meer. Nach Kochen und Imbiss am Mittag ziehen wir uns in die Ateliers zurück. Am Abend, nach der letzten Mahlzeit, Feierabend: Zeichnen, ein Film oder wieder Schreiben. 

 

Vor dem Wellenrauschen stimmt ein gigantischer Grillenchor sein Konzert an, sobald die Sonne untergegangen ist. Das Zirpen und Zarpen der Abermillionen winzigen Musikanten füllt nun die mit Grün gefüllte Schale, die für sie diese Bucht ist, für wenige Minuten maskiert von den Falsett-Gesängen der Goldschakale. Diese Symphonie widme ich meinem Sohn, der heute in der Ferne seinen 27. Geburtstag feiert.

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