LONDON 2

London/Bromley, Elstree Hill und Seaford in East-Sussex

 

 

 

Die dreiunddreißigste Woche unserer Reise: Montag, 17. bis Montag, 24. Juni 2019 –

 

 

 

Da eine von Utas Tanten vor langer Zeit nach Großbritannien ausgewandert war, profitieren wir hier von einer Gastfreundschaft der besonderen Art. Beispielsweise kümmerte sich Frank, der Ehemann von Utas Cousine, einen Tag lang um Coco, sodass Uta und ich einen hundefreien Tag erleben durften; ein Segen in London, einer Stadt, in der Museen und die meisten Lokale Hunden versperrt sind. Wir schlenderten über den Spitalfield-Market, durchstreiften das Brick-Lane-Viertel, erkundeten die Streetart-Szene und fanden für Uta eine neue Jeans – fairtrade und ökologisch gefertigt (nudiejeans.com). In der Redchurchstreet aßen wir Fish and Chips, in Soho ließen wir uns von den Touristenströmen treiben und an den South-Banks flohen wir vor dem Regen an die Bar eines Kinos.

 

Den folgenden Tag widmeten wir der Malerei, Druck-Experimenten und dem Versuch, eine Unmenge von Kunststoff-Verpackungen in Kunst zu verwandeln. Insgesamt blieb uns in England aber wenig Zeit zum Verarbeiten der unzähligen Eindrücke, denen wir uns hier aussetzten. Am Donnerstag verbrachten wir den Nachmittag mit Utas Mutter am Flughafen Gatwick. Am Abend flog sie von hier aus mit ihrem Lebenspartner von einem Verwandtschaftsbesuch zurück nach Deutschland. Zurück in Bromley begegnete ich kurz vor Sonnenuntergang einer Nachtigall, deren Gesang für die Dauer einiger Minuten aus dem Beckenham-Park zu mir herüberschwebte.

 

Nach einem imposanten Frühstück in unserem „Vogelhäuschen“ fuhren wir am nächsten Tag gemeinsam mit Utas Cousine und Frank in die Universitätsstadt Cambridge. Geführt von den beiden ehemaligen Cambridge-Absolventen und ihrer Tochter, die dort gerade an ihrer Promotion arbeitet, genossen wir das Privileg, einige der zum Teil jahrhundertealten Colleges auch von Innen erleben zu dürfen. Ähnlich wie in Tübingen irritierte mich hier das Nebeneinander vom konzentrierten Arbeiten der Studenten und dem hemmungslosen Konsumieren der Touristen; die Stadt ist auf beides bestens eingestellt. Einen besonderen Höhepunkt unserer Cambridge-Exkursion bildete das Durchwandern des Museums Kettle’s Yard. Hier hat der Schriftsteller und Kunst-Kurator John Ede im vergangenen Jahrhundert aus vier alten Cottages ein repräsentatives Künstlerhaus geschaffen, das durch seine originelle Raumanordnung besticht.

 

Über das Wochenende beherbergte uns Utas Tante in Seaford am Ärmelkanal. Hier überragen die höchsten Kreidefelsen Englands die steinigen Strände. Eine Kette dieser Cliffs, die „Seven Sisters“ haben wir bewandert – mit herrlichen Ausblicken auf die liebliche Landschaft und das Meer. Natürlich hat dieser Ort auch viele Künstler angezogen, beispielsweise Eric Slater; er schuf hier erstaunliche Drucke auf der Grundlage seiner Holzschnitte. (ericslater.co.uk). Nördlich der Stadt bestaunten wir das Charleston-Farmhouse, das ab der Zeit des Ersten Weltkrieges den ländlichen Treffpunkt der Bloomsbury-Gruppe bildete, die in Cambridge entstanden war und später insbesondere in London agierte (charleston.org.uk). Die ihr zugehörenden Künstler und Wissenschaftler (z.B. Viginia Woolf und Maynard Keynes) waren für ihre extremen Positionen bekannt, förderten die Gleichberechtigung der Geschlechter und suchten u.a. nach einer Überwindung der Trennung zwischen Kunst und Kunsthandwerk. Hier überschneiden sich die Prinzipien der Gruppe mit denen der arts-and-crafts-Bewegung, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Verbindung von Kunst, Gesellschaft und Arbeit suchte. In Charleston lernten wir die vielseitige Künstlerin Liz Temperley kennen, die mit ihrem Unternehmen „blank inside“ einige dieser Ideale weiterlebt (blankinsidedesign.co.uk).

 

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