ELLADA 2

Skaloma, Korinthiakos Kolpos, Griechenland

 

 

 

Die sechsundfünfzigste Woche unserer Reise: Montag, 25. November bis Montag, 02. Dezember 2019

 

 

 

Ich rufe die Woche der Fische aus! Fast täglich haben wir sie gegessen: Seeaal, Oktopus und Brandbrasse - frisch gefangen aus dem Ionischen Meer, das vor unserem Gartenzaun unablässig gegen den Kieselstrand spült. Jedes Mal war es der Jäger Wasilios, der sie uns schenkte. Trotz der Gläser Wein und der kleinen Speisen, die ich ihm hinaus ans nächtliche Ufer brachte, stehen wir tief in seiner Schuld. Am Mittwoch-Abend wies er mich an, in seinen Mercedes-Benz zu steigen (wir können uns sprachlich nicht verständigen) und zeigte mir dann sein Zuhause im Dorf Efpalio – ein altes Steinhaus inmitten eines weitläufigen Olivenhaines. Hier lebt der ernste und schweigsame Mann umgeben von nützlichen Kostbarkeiten und Antiquitäten in Gesellschaft mehrerer Hunde, Katzen, Hasen, Hühner und zweier Stieglitze. Vor der Rückfahrt an den Strand, wo seine Angeln auf ihn warteten, lud er eingelegte Oliven ein, zapfte eine Flasche Olivenöl ab und holte einen Hasen aus dem Tiefkühlschrank … .

 

Vor einer Woche habe ich mein Albanien-Bild fertiggemalt und heute das Portrait meines verstorbenen Maler-Freundes Daniel Eltinger: „What colour is love?“ Jetzt habe ich den Kopf frei, um mich auf Griechenland einzulassen. Meine Augen sehen nun nicht mehr nur vordergründige Schönheit ringsumher, sondern auch Probleme, die sich hier kaum von Italien, Spanien und Portugal unterscheiden. Hier wie dort gibt es nur wenige müllfreie Strände, Straßen- und Dorfränder. In jedem Ort stehen neben bewohnbaren Häusern auch moderne Bauruinen neben Schutthalden – wir nennen diese Bebauungsform „italienische Viertel“. Trotzdem dominiert die Schönheit.

 

Am Dienstag fuhren wir früh am Morgen los, den Kolpos entlang, der aufgehenden Sonne entgegen. Immergrünes Buschwerk, Olivenhaine, Eichen, Zypressen wechselten sich ab und gaben den Blick frei auf rote Felsen über dem Meer. Es erscheint uns wie ein großer, langgestreckter Gebirgssee – ein mediterraner Loch, Firth oder Fjord. Gegen neun Uhr erreichten wir die Hafenstadt Itea und schließlich das Dorf Delphi. Hier vertieften wir uns in die Ausgrabungsschätze des Appolon-Heiligtums, wanderten, zeichneten. Dieser Besuch kennzeichnet den Beginn unserer Reise in das antike Griechenland, der ich lange Jahre sehnsuchtsvoll entgegengelesen habe (danke, Mo, für das „i-Pünktchen“: den „Blauen Führer“ aus dem Jahr 1971!).

 

Im Hafenstädtchen Galaxidi trafen wir den Maler Georgios Minas vor seiner alten Ölmühle, in der er seine Werke präsentiert und kulinarische Schätze bereithält. Als wir ankamen, stand er auf seiner Terrasse und war gerade damit beschäftigt, Fisch für das Abendessen zu angeln. Sein Oktopus in Olivenöl wurde nur von unserem eigenen übertroffen, den wir heute Abend in Skaloma verspeisten. Georgios ist ein versierter und vielseitiger Künstler, der maritime Motive auf seine Art phantastisch-realistisch malt – beispielsweise Akroprora, eine Art weibliche Galionsfigur - und der auch Gemälde restauriert (minas-galaxidiotis.gr).

 

Alle paar Tage fahren wir ins nahe Nafpaktos mit seinem Vorort Lepanto, seit der Antike eine wichtige Hafenstadt am westlichen Eingang in den Golf von Korinth. Bei der Seeschlacht von Lepanto besiegten 1571 die venezianisch-spanischen Schiffe die dort stationierte Flotte der Osmanen. Diese Schlacht führte das Ende der türkischen Vorherrschaft im Mittelmeer herbei. Der spanische Nationaldichter Miguel de Cervantes hat hierbei seine linke Hand verloren. Nafpaktos ist auch der Geburtsort des Malers Wassili Lepanto, der einen Großteil seines Lebens in Deutschland gewirkt hat und dessen kunsttheoretischen Ideen ich schätze. Leider ist er im vergangenen Jahr verstorben (wassili-lepanto.de).

 

Die letzten Tage und Nächte wurden spürbar kühler … das Meer aber hat seine angenehme Temperatur behalten.

 

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