Rigklia 4

 

Rígklia, Messinías, Dytiki Máni, Elláda

 

 

 

Die sechste Woche unserer Reise: Donnerstag, 18. bis Mittwoch, 24. November 2021

 

 

 

An nahezu jedem unserer Tage in der Máni zieht die über den Berg gleitende Sonne morgens einen goldenen Teppich über das Land. Auf diese Weise beglückt, trinken Uta und ich zum Kaffee die Säfte einiger über Nacht von den Bäumen gefallener Früchte – sehr sauer, aber gesund. Unmittelbar vor dem Gartenstück, vor dem Atelierfenster, ernten drei Männer und eine Frau die Oliven ab, lautstark begleitet von Motorenlärm und einige Tag lang. Um ungestört an meinen Zeichnungen und Aquarellen weiter arbeiten zu können, ziehe ich mich oft hinter das Haus zurück. Da ich aber auch an einem Buch schreibe, fügt sich das Notwendige zum Angenehmen, denn der Sekretär steht direkt neben der Hintertüre.

 

Warme, sonnenreiche Tage wechseln sich mit Regen und Gewittern ab – ein Segen für die Vegetation die sprichwörtlich aufblüht! Nach einem kurzen Niederschlag am frühen Morgen scheint meist bald wieder die Sonne. Manchmal dröhnt ein markerschütterndes Poltern gigantischer Steinlawinen vom regenschwarzen Himmel herunter und löst Assoziationen aus, die eher an den Gott der Unterwelt anknüpfen als an Zeus, der ja für sein Donnern bekannt ist. Ich skizziere ein neues Gemälde. Es ist die Figur des Àdis, die mich interessiert. Ich neige dazu, ihn als ein menschenähnliches Wesen zu zeigen, einen Mann mit Stärken und Schwächen, so, wie er in einigen mythologischen Geschichten dargestellt wird. Kurzerhand erscheint auf meiner Leinwand ein Pantoffelheld mit Zypressenkopf, der in seinem purpurnen Thronsessel zu versinken droht.

 

In der zurückliegenden Woche haben wir mit dem Unterricht bei der Griechisch-Lehrerin Sophia Nikolakéa, in Stoúpa begonnen. Stande pede begann sie mit grundlegender Konversation – „To ónoma mou eínai …“ (Ich heiße …), „Méno sta Káto Rígklia.“ (Ich wohne in Unter-Rigklia.), usf. . Nach einer anstrengenden und konzentrierten Stunde verabredeten wir begeistert weitere Einheiten für die nächste Wochen.

 

In manchen Sonnenstunden spazieren wir zu dritt über die Wiesenwege zum Brunnen, dann weiter an den Pantazí-Strand, wo wir uns glücklich vor die Wellen setzen. Zwar rieselt dort, in der Nähe eines Cafés, aus den zahlreichen Lautsprecherboxen, die an den Tamariskenbäumen hängen, akustischer Müll auf uns hernieder, doch dem Meeresrauschen gelingt es immer, das Hörfeld zu dominieren. Glückselig sitzen wir lauschend und warm angestrahlt vor dem gedeckten Tischlein und blicken über die Ränder der Kaffeetassen hinaus auf ein dunkles Ultramarinblau.

 

Da sich die Einfallswinkel der Sonnenstrahlen ab halb Fünf Uhr rapide ändern, werden wir regelmäßig Zeugen eines Farbfeuerwerkes, das sich zuerst auf den ufernahen Wellen abspielt, sich dann nahe an den Horizont über dem Meer verlagert. Für die Dauer einiger Minuten steckt es dann die dichten Wolken über dem Taýgetos-Gebirge in Brand, um letztlich das große Licht-Theater der Wolkenstreifen über der untergehenden Sonne zu illuminieren.

 

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