Rígklia, Messinías, Dytiki Máni, Elláda
Die zehnte Woche unserer Reise: Donnerstag, 16. bis Mittwoch, 22. Dezember 2021
Nach den Reparaturen und Renovierungsarbeiten haben wir endlich die Küche mit einem Festmahl eingeweiht – David kam zu Besuch und hat uns bei dieser Gelegenheit in die Geschichte der amerikanischen Folkmusik eingeweiht, seine Geschichte. Endlich blieb mehr Zeit übrig für andere wichtige Dinge, die bisher zu kurz kamen: Entwürfe für das Projekt eines befreundeten Urologen anfertigen, kleinere Reparaturen im Haus erledigen, ein Newsletter für die Künstlervereinigung Murnau e.V. entwerfen, Holz zum Heizen besorgen und aufschichten, Fische ausnehmen und zubereiten, Kuchen und Plätzchen backen, an Videokonferenzen teilnehmen, einen Bericht für die Vereinigung der europäischen Künstlerkolonien schreiben, am ersten großen Gemälde für die Murnauer Ausstellung weiterarbeiten, usw..
Als Coco und ich am vergangenen Freitag morgens die Kleewiesen durchstreiften, durchdrangen vereinzelte Rufe der Rinder, Hundegebell und die ersten Motorsägen die Stille. Das Meer aber schwieg. Es hatte sein Kleid, das es die meiste Zeit meist unter wiegenden Schleiern versteckt, ein wenig zurückgezogen. Am Strand angekommen, staunte ich vor der dahingestreckten Blöße einer Landschaft, die ich auf dem Mond verorten würde. Wir staksten durch seichte Becken, durchquerten flache Plateaus, balancierten über hingegossenen Schlacken und entdeckten Reste von Muschelschalen, eingebacken in Minerale vulkanischen Ursprungs. Schnell heizte die Sonne die Luft auf. Bei 14 Grad im Schatten hatte ich mir über das Hemd zwei Pullover und eine Jacke gezogen, nun legte ich die obersten drei Schichten zügig ab. Zeitvergessen ging es nun dahin, ohne Plan, nur angelockt von den immer neuen Strukturen, die das Stein- und Sandufer offenbart. Nachdem Uta und ich nach den Stürmen Müll gesammelt hatten, waren bald weitere Aufräumkommandos zustande gekommen, sodass sich das naturbelassene Ufer jetzt wieder frei von Konsummüll mit seinen angeborenen und ursprünglichen Hinterlassenschaften schmückte. Auch Coco, die wir mithilfe eines Maulkorbes vor dem Aufnehmen giftiger Substanzen schützen, vertiefte sich im Entdecken von Gerüchen und anderen Sensationen. Vorsorglich hatte ich zwei Tragetaschen mitgebracht, sammelte nun einige Hölzer ein. Nach einer guten Stunde hatten wir das Meeresufer längst verlassen und fanden uns im breiten Geröllbett des kurzen Wasserlaufes wieder, der den Pantazí-Strand von der versteckten Bucht am Amphitríti-Felsen trennt. Amphitríti, eine besonders schöne Okeanide, wurde einst vom Gott Poseidónos umworben. Auf Schritt und Tritt stolpere ich in diesem Land über mythologische Zusammenhänge. Zu guter Letzt steckte ich ein Stück Holz in meinen Sack, mit seinen sich in anthropomorpher Gestalt vielfach windenden Ästen zweifelsohne das Relikt einer wahrhaftigen Baumnymphe.
Am Samstag hat der Winter vorübergehend auch auf der Mani Einzug gehalten. Als ich, noch im Schlafanzug, das Backblech sauberschrubbte, warf ich einen flüchtigen Blick aus dem Fenster über dem Spülbecken in Utas Atelier. Die umstehenden Hügel, wie mit Puderzucker bestäubt, bildenten sanfte Übergänge zum blendenden Weiß der Schneekronen, mit denen sich die hinter ihnen auftürmenden Berge schmückten. Das Thermometer stieg während des gesamten Tages nicht über 10 Grad und auch die Sonne versagte ihr wärmendes Licht, denn nur selten spitzte sie zwischen den dichten Wolkenkissen hervor. Seit Montag ist der Spuk glücklicherweise vorbei.
Kommentar schreiben