Mani 8

Káto-Rígklia, Dytikí Máni, Elláda

 

Die siebente Woche: Donnerstag, 11. bis Mittwoch, 17. Januar 2024

 

Υπομονή. Ypomoní. Geduld.

 

Aus dem Bett heraus schiele ich verstohlen hinüber in mein verwaistes Atelier, hinter dessen Verglasung der Ziegenklee auf hellgrünen Sonnenflecken zwischen den tanzenden Olivenbäumen blüht.

 

Die Krankheit dehnt sich nun schon über acht Tage aus. Wie ein eingeschlafenes Tier bedeckt ihr schwerer Balg meinen schwächelnden Leib, der abwechseln friert und schwitzt. In manchen Augenblicken kippt die Sehnsucht nach Elan und Beweglichkeit in einen Zustand der Ungeduld. Dabei erscheint mir diese Form des Aufbegehrens gegen die Natur ebenso fremd wie das Erleben der körperlichen Schwäche. Das Fremde und das Vertraute – beides gehört zum Menschsein.

 

Und Uta, die robust zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk all die Aufgaben des Alltags für mich mitbewältigt, wird nicht müde, mich an meine Stärken zu erinnern, die sich alle, wie Kletterpflanzen, an den Spalieren der Notwendigkeit emporgezogen haben. So hat mich die Kindheit Schweigen gelehrt, wenn ich mich Mitteilen wollte, denn in der Herkunftsfamilie war es Minderjährigen untersagt, in Gegenwart von Erwachsenen ungefragt zu sprechen. In den Wartesälen und Schmerzkorridoren dreier chronischer Erkrankungen habe ich mich einzurichten gelernt. Beim wissenschaftlichen Arbeiten stand das Reflektieren und Abwarten am Beginn und Ende jeder Untersuchungsanordnung, jeder statistischen Auswertung, und jeder Publikation. Und seit meiner Jugend bietet die Meditation unerschöpflich Übung und Zuflucht. Die Tugend der Geduld zu erobern, war von jeher Lebensprogramm und Ziel. Aber wie weit habe ich es dabei gebracht?

 

Und kann man auch aus der Not eine Tugend machen?

 

Solange sie schwach ist, lässt sich die Ungeduld zähmen und auf ein Territorium begrenzen, auf dem sie Nutzen bringt. Dort ist sie im Stande, noch die geringsten Kräfte zu bündeln und Aktivitäten zu initiieren, die den Beweis führen, dass es weiter geht, Schritt für Schritt. Sichtbare Ergebnisse der kleinen Ungeduld sind vier umfangreiche Kompendien über Richtlinien und Vorschriften von Institutionen, die meine weiteren Kunstprojekte finanziell unterstützen könnten. Ich habe sie geduldig im Bett studiert und einige Anträge geschrieben.

 

Der Philosoph Martin Seel schreibt „Geduld ist eine Tugend der Unnachgiebigen. Sie verzichten darauf, ihre Vorhaben mit Starrsinn zu verfolgen. Sie haben Vertrauen darin, dass ihre Stunde noch kommen wird. Sie lassen sich Zeit – und verlieren doch ihr Ziel nicht aus den Augen“ (Seel, Martin: 111 Tugenden. Fischer, 2011, S. 202).

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Heidi Schoeberl (Mittwoch, 24 Januar 2024 14:58)

    Wie Du schreibst, lieber Gerd, brauchst Du Geduld. Auch mich hat an Weihnachten eine Erkältung erwischt und die vollständige Genesung dauert und dauert und dauert........ und ich möchte eigentlich die Welt zusammen mit meiner Pini erobern. Aber auch eine Schaffenspause hat ihre Vorteile, man kann über vieles nachdenken und es kommen neue Ideen. Gute Besserung