Mani 10

Káto-Rígklia, Dytikí Máni, Elláda

 

Die neunte Woche: Donnerstag, 25. bis Mittwoch, 31. Januar 2024

 

Ich habe wieder in Routinen zurückgefunden: Aufstehen mit der Sonne, kleine Morgenarbeiten wie Mandarinen und Orangen pflücken und daraus einen köstlichen Saft zubereiten – dann Aufbrechen zum Hundespaziergang ans Meer, bevor es an das Erledigen der Tagesaufgaben geht.

 

Am vergangenen Donnerstag stand Großeinkauf in Kalamáta auf dem Plan, denn viele Lebensmittel waren knapp geworden und einige Spezialitäten wie Nassraumsteckdosen oder Bilderrahmen sind in unserer Bucht nicht zu bekommen. Auf dem Rückweg stiegen unsere Freunde Lee und Tony zu; sie waren zu einem Fest in Agíos Nikólaos eingeladen. Am Abend blieben für uns glücklicherweise noch ein paar Stunden zum Schreiben übrig.

 

Am Freitag nahm ich den Neubau eines der beiden Gartenwege in Angriff und leerte im Laufe des Tages den kompletten Regenwassertank, damit wir ihn mithilfe zweier Europaletten endlich höher aufbocken können. Als ich mich am späten Nachmittag eine halbe Stunde in mein Atelier legen wollte, schneite Agím herein, bereit, mit mir den Wasserschaden im Haus zu beheben. Wir öffneten ein Stück der Wand und fanden bald die undichte Stelle in der Wasserleitung … bis acht Uhr hatten wir das System wieder im Griff. Schnell sprang ich die Treppe hinauf in Utas Atelier, gerade rechtzeitig zur Videoschaltung, zu der ich die Künstlerfreunde Vera und Steve eingeladen hatte. Nun stellte ich fest, dass mein Laptop nicht funktioniert. Spät am Abend, nach einigen telefonischen Beratungen mit Nemo in Àthina und Steve in Oberhausen, verknüpfte sich die Hoffnung auf einen noch funktionsfähigen Computer mit der Gewissheit eines defekten Bildschirms.

 

Am Samstag fiel zunächst der Strom aus. Als wieder Elektrizität im Haus war, blieb das Internet unterbrochen. Das sich über die Berge wälzende Gewitter hatte nachhaltige Schäden angerichtet. Ich widmete den Tag der Malerei, kam gut voran und wechselte noch vor Sonnenuntergang in die Küche. Vor dem wärmenden Ofen genossen wir später in der Pfanne ausgebackene Kalamarákia, Ofenkartoffeln und einen bunten Salat. Endlich fand ich auch mehr Zeit für Uta. Begeistert berichtete sie von ihren Treffen mit Mei, der chinesischen Glaskünstlerin, mit deren Hilfe sie ein Fenster für das neue Badezimmer entwickelt.

 

Sonntag, Regenwetter. Der nächste Monitor, mit dem ich meine Hypothese überprüfen konnte, befand sich im Haus einer Nachbarin. Im Unterschied zu einem zu diesem Zweck gebauten Bildschirm, musste ihr Fernsehapparat aber mithilfe zahlreicher Befehle und ausgefüllter Dialogfelder erst dazu gebracht werden, sich mit dem Computer zu verständigen. Nach einem mehrstündigen Blindflug und weiteren Beratungstelefonaten mit Nemo und Steve reflektierte das TV-Gerät schließlich meinen Bildschirmschoner, dann endlich auch das Desktop. Ein neuer Monitor musste also ins Haus; der nächste Fachhandel befindet sich im eine Autostunde fernen Kalamáta (ίσως αύριο). Ich wechselte ins regengeschützte Atelier. Nach einigen Stunden vor der Staffelei riss der Himmel auf und ein starker Wind trocknete zügig Wiesen und Wege. Bald darauf rollte wie verabredet der Holzlieferant seinen Anhänger in die Einfahrt und ich konnte das gute Brennmaterial trocken in der Garage aufschichten. Zur Belohnung gab es am Abend Pizza aus Utas Hand nach einem originellen Rezept, das Jamie Oliver einer italienischen Köchin abgeschaut hat. Noch immer vom Internet abgeschnitten, fanden wir danach Zeit zum Zeichnen und Malen; die Korrespondenzen mit der Außenwelt mussten warten.

 

Montag in Kalamáta. Dank Nemos informativer Fürsorge war der geeignete Bildschirm bald gefunden. Uta steckte gleich noch ein äußerst preisgünstiges Telefongerät in den Einkaufskorb, denn wir benötigen schon seit Längerem eine griechische Telefonnummer. Auf der Suche nach einem Sonnenschutz für den Balkon stießen wir dann in der betriebsamen Innenstadt auf eine kleine Manufaktur, ließen uns beraten und bestellten einen handgefertigten Ομπρέλα. Natürlich hatte ich nach der Rückkehr in die Bucht von Stoúpa einiges zu erledigen … ohne Internet.

 

Auch den gestrigen Tag erlebten wir analog wie in früheren Zeiten und kamen mit dem Zeichnen und Malen gut voran.

 

Bis das Internet dann heute doch wieder funktionierte, waren allerdings viele Arbeiten aufgelaufen, die nur mit dem www zu bewerkstelligen sind. Der monatliche Rundbrief „Kunstblitz“ für die Künstlervereinigung Murnau e.V., als dessen Redakteure Uta und ich verantwortlich zeichnen, wurde verschickt, zahlreiche Emails beantwortet und verfasst. Am Abend traf ich mich mit Eric, meinem engsten Vertrauten der Künstler:innengruppe AiM zu einer vorbereitenden Videokonferenz, denn morgen werden wir die Jahreshauptversammlung abhalten.

 

Neben all dem Trubel der zurückliegenden Woche, ist es mir gelungen, ein Bild mittleren Formates fertig zu malen. Es zeigt einen Musiker, der inmitten eines zauberhaften Waldes aus Bananenblättern eine Bassblockflöte bläst. Mit diesem Gemälde setzt sich eine Entwicklung fort, die im letzten Jahr mit den Arbeiten für das Museum Domburg ihren Anfang nahm: die menschliche Gestalt lässt sich einzig noch durch eine Silhouette identifizieren, die ein bildhaftes Innenleben ausfüllt, das für das Auge im realen Leben verborgen ist.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Heidi (Sonntag, 04 Februar 2024 17:44)

    Lieber Gerd, beim Lesen Deines Berichts über die letzte Woche kam mir in den Sinn "was haben wir eigentlich früher ohne TV und Internet gemacht?" und heute sind wir so abhängig davon. Wenn mein PC, Handy oder Tablet ausfallen, bekomme ich die Krise. Ihr habt die Zeit ja gut mit Malen, Schreiben, Handwerken und Kochen genutzt und ich denke, euer Flöckchen hat auch etwas von der übrig gebliebenen Zeit abbekommen. LG