Mani 18

Káto-Rígklia, Dytikí Máni, Elláda

 

Die 17. Woche: Donnerstag, 21. bis Mittwoch, 27. März 2024

 

Es ist spät am Abend – freilich nicht überall.

 

Gerade habe ich in einer Videokonferenz noch mit Catriona Henderson-Darroch gesprochen, die in Scotland wohnt, wo es zwei Stunden früher ist als hier. Seit Jahresbeginn haben wir beide fast täglich für die große Ausstellung gearbeitet, die am 19. April in Dunoon, Scotland, eröffnet werden soll. Die Dinge spitzen sich zu. Auch, weil Uta und ich in einer Woche nach Deutschland zurückkehren werden. Es gibt keine Routinen mehr.

 

Den Wendepunkt markierte der vergangene Donnerstag. Utas Mutter, die seit dem 16. April bei uns ihren Urlaub verbringe wollte, hatte sich bereits am frühen Morgen der Gartenarbeit verschrieben. Zwischenzeitlich half sie Uta beim Legen eines Mosaiks und beim Marmelade-Kochen. Zwar fand ich unter dem Strich genügend Zeit zum Malen und Schreiben, war aber den gesamten Tag über immer wieder damit befasst, Uta in ihrer Rolle als Gesprächspartnerin zu entlasten.

 

Am Abend erfuhren wir dann, dass am nächsten Tag alle Fenster im Haus ausgetauscht werden sollen.

 

Bereits Anfang Dezember hatten die Handwerker alle Masse genommen. Nun sollte das lange Warten endlich ein Ende finden. Für mich bedeutete dieses Intermezzo vor allem körperliche Arbeit. Gegen sieben Uhr begann ich am Freitag, alle Fensterläden abzubauen und die Garage in einen Lagerraum zu verwandeln. Ab neun Uhr ging ich den Männern zur Hand, schleppte die alten Fenster durch den Garten und trennte die noch brauchbaren von den defekten Teilen. Uta und Monika waren mit Flocke rechtzeitig an die Strände geflohen, lösten mich aber am frühen Nachmittag ab. Während der glückselige Hund den zweiten ausgedehnten Spaziergang sichtlich genoss, fand ich kaum Ruhe, denn in der Nähe des Meeres stießen wir nicht nur auf Bekannte, die unterhalten werden wollten, sondern begegneten auch den ersten Touristenströmen. Bald traten wir den Rückweg an und begegneten in den Olivenhainen dem ersten Wiedehopf dieses Frühlings. Zurück in Agriakóna war Aufräumen und Putzen angesagt, bevor ich bei Sonnenuntergang mit dem Kochen begann.

 

Am Samstag unternahm ich mit Monika einen Ausflug nach Megáli Mantíneia, einem Dorf in den Hügeln südlich von Kalamáta. Hier besuchten wir die Atelierausstellung unserer Freundin Lee O’Connor und das sagenhafte Gesamtkunstwerk, in dem das Künstlerpaar Linda und Peter Huby wohnt. Seitdem Uta und ich vor einem Jahr eine Zeit lang die Katzen der beiden gefüttert haben, kenne ich das schlossartige Gebäude – eine wilde Mischung der Architekturstile von Antoni Gaudí i Cornet, Friedensreich Hundertwasser und Niki de Saint Phalle. Linda und Peter haben das märchenhafte Anwesen in mehr als 20 Jahren entwickelt und mit der Hilfe zahlreicher Freunde erbaut. Zudem widmen sich die beiden intensiv der Malerei, dem Legen von Mosaiken, dem Studium der griechischen Mythologie, der Philosophie, dem Musizieren, dem Schreiben von Büchern – und vielem mehr. Ich genoss jede Minute des Zusammenseins mit diesen beiden inspirierten Menschen.

 

Am nächsten Morgen stand überraschend unser albanischer Freund Agím im blühenden Garten und begann damit, alle Bäume und Sträucher zu schneiden. Monika und ich kümmerten uns um die Unmengen frischen Holzes, die er allerorts zurückließ. Später schmückte ich das Haus mit Orangen- und Zitronenblüten, und setzte mich zum Schreiben in duftende Wolken. Noch vor Sonnenuntergang begann ich dann auf dem Balkon vor dem Meer mit dem Vorbereiten der stacheligen griechischen Artischocken, während Uta wieder Marmelade herstellte.

 

Am Montag brachen wir früh auf, um noch am Vormittag Spárti zu erreichen, das auf der anderen Seite der Berge an der Stelle liegt, die früher Spárta hieß. In der Antike war Spárta der Hauptort der Landschaft Lakonien und des Staates der Lakedaimonier. Gemäß unserer Recherchen beherbergt Spárti eines der ältesten archäologischen Museen Griechenlands, eingebettet in einen stillen Garten, den Zypressen bewachen. Als wir dort ankamen, fanden wir das Museum bis auf weiteres verschlossen; am Stadtrand soll eine neues Ausstellungsgebäude errichtet werden. Das Schicksal der alten Hallen ist ungeklärt. Ablenkung von diesen betrüblichen Tatsachen fanden wir prompt in einer monumentalen Parade, die wenig später durch die Innenstadt zog. Zur Feier des griechischen Unabhängigkeitstages marschierten Hundertschaften kostümierter Menschen jeden Alters an uns vorüber. Nach diesem Spektakel zogen wir weiter in Richtung Athína, denn Monika sollte am Dienstag von dort aus nach Deutschland zurückfliegen. Die Nacht verbrachten wir in Artémida, einer der zahllosen Betonstädte, die Griechenlands Küsten verschandeln. Zur Feier des Tages kamen die Künstlerfreunde Holly und Nemo aus der nahen Großstadt zum Abendessen vorbei, denn auch für Uta und mich war nun die Zeit gekommen, Abschied von Griechenland zu nehmen.

 

Nachdem Monika gestern glücklich das Flugzeug bestiegen hatte, begaben wir uns auf die Suche nach einem neuen Backofen, denn das gute Stück, mit dessen Hilfe wir jede Woche Köstlichkeiten zubereiten konnten, war vor zwei Tagen kaputt gegangen. Kurz vor der Máni luden wir in Kalamáta noch den Sonnenschirm ins Auto, den wir vor Wochen bestellt hatten und kamen noch rechtzeitig zum Schreiben zuhause an.

 

Heute genossen wir die letzte Unterrichtsstunde mit unserer Griechisch-Lehrerin, verabschiedeten uns bei einem Mittagessen am Hafen von Freunden und begannen damit, Haus und Garten für die vielen Gäste vorzubereiten, die während unserer Abwesenheit in Agriakóna wohnen werden.

 

Es ist nun spät am Abend – mittlerweile sogar in Scotland.

 

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